Kapitel 3: Von Sith und Sklaven, Teil 1


Von Sith und Sklaven, Teil 1


Das Sith-Allerheiligste war so, wie Aslan es sich vorgestellt hatte – pompös und respekteinflößend. Nein, es überstieg seine Vorstellungen sogar noch. Schon im Eingangsbereich erwarteten überlebensgroße Sith-Statuen die Eintretenden und man hatte den Eindruck, von dunkler Macht umgeben zu sein, die einen unweigerlich in ihren Bann zog.
Zwei Wachen in blutroten Rüstungen versperrten mit ihren gekreuzten Klingenstäben wortlos den Eingang. „Die Imperiale Wache … mit denen ist nicht zu spaßen“, dachte Aslan und rief die übertragene Holonachricht von Lord Baras ab, die sowohl die Zutrittsgenehmigung als auch die Richtungsbeschreibung zu dessen Räumlichkeiten enthielt.
Kaliyo betrachtete die Nachricht argwöhnisch: „Trägt dieser Lord Baras ‘ne Maske, um einzuschüchtern, oder ist der einfach nur abgrundtief…?“
Kaliyo konnte diesen Satz jedoch nicht beenden, da Aslan ihr geistesgegenwärtig den Mund zuhielt, während er mit einem doofen, breiten Grinsen die Wachen ansah „abgrundtief … dunkel wollte sie sagen. Jawohl, dunkel ist er.“
Die beiden Wachen schauten einander kurz an und gaben schließlich den Weg frei. Kaliyo fand diese Maßnahme übertrieben und hätte ihrem Partner am liebsten in die Hand gebissen, beließ es aber bei einem bissigen Kommentar: „Was denn? Ich wette, der Typ ist so hässlich, dass er in Ohnmacht fällt, wenn er sein Gesicht im Spiegel sieht.“
Das mag ja sein, aber von dieser Vermutungsäußerung haben wir nicht mehr viel, wenn uns die Köpfe abgeschlagen wurden. Dann sähen wir nämlich auch nicht gerade sonderlich schön aus.“
Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Erstaunen betraten Kaliyo und der Agent den riesigen Innenbereich. Für Erstere war dies eher selten, was für die Wirkung dieses Ortes sprach.
Wahrlich eindrucksvoll war der Anblick, der sich den beiden eröffnete: Die Haupthalle des Heiligtums übertraf in puncto Größe und Eindruck alles, was Aslan und seine schlagkräftige Begleiterin je zu Gesicht bekommen hatten. Die sechseckige Fläche, welche die Grundlage jedes imperialen Banners bildete, diente dem Inneren des Kolossalbaus als Grundriss. Der Agent schaute nach oben, um die Ausmaße dieses gigantischen Innenraumes abschätzen zu können, doch die mit der Höhe zunehmende Dunkelheit machte es ihm unmöglich, irgendeinen Punkt oberhalb der Beleuchtung, die ein unheimliches, tiefrotes Licht ausstrahlte, zu erfassen. Das Gebäude musste von innen ebenso groß sein, wie es äußerlich erschien.
Eines muss man Euren Lords lassen: Sie wissen, wie man protzt”, gab Kaliyo ein wenig neidisch zu, wobei Aslan ihr ausnahmsweise beipflichtete, während er noch immer die Ausmaße des monumentalen Baus abzuschätzen versuchte:
Das kann man wohl sagen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Hoffentlich finden wir diesen Lord Baras rechtzeitig, bevor er ungeduldig wird.”
Geht ruhig vor, ich gebe Euch Rückendeckung.”
Na da bin ich ja beruhigt”, entgegnete der Agent in ironischem Tonfall.
Die beiden folgten der Beschreibung aus der Holonachricht. Der mattschwarze Grundton der Gänge mischte sich mit einem pulsierenden Rot, das trotz seiner optisch vorgetäuschten Wärme die Kälte dieses Ortes nicht verdrängen konnte. Nach fünf endlos erscheinenden Minuten erreichten sie schließlich die Gemächer von Lord Baras.
Als sie eintraten, wurden sie von einem schmächtigen, fast kahlköpfigen Menschen empfangen, der sie mit fast weinerlicher Stimme begrüßte.
Seid gegrüßt. Ich bin Sunder Ghettz, bescheidender Sklave von Lord Baras. Seine Lordschaft ist im Nebenraum beschäftigt. Wartet bitte hier, ich werde nach ihm sehen.“
Wie erbärmlich! Der scheint sich als Sklave auch noch zu gefallen. Bin ich froh, hier nicht arbeiten zu müssen“, entgegnete Kaliyo bissig, worauf sie von Aslan gezügelt wurde:
Nicht so laut! Sonst hört uns Lord Baras noch.“
Hier muss man zumindest nicht lange suchen, wenn man wissen will, wer das Sagen hat. Etwas Rückgrat würde ihm aber in der Tat besser stehen.“
Der Einwurf kam von einer blauhäutigen Twi'lek, die an der Wand lehnte und ein massives Halsband sowie ein silbernes Diadem trug. Kaliyo war amüsiert:
Na sieh mal einer an. Hier gibt es ja doch jemanden, der noch Selbstwertgefühl hat.“
Klar! Wenn man Schätzen hinterherjagt, muss man wissen, was wieviel wert ist. Sich selbst darf man dabei auch nicht vergessen.“, entgegnete die Twi'lek gewitzt.
Aslan war erstaunt: „Ihr jagt Schätzen hinterher? Seid Ihr etwa Pirat?“
War ich mal. Zuletzt wurde ich geschnappt, als ich versuchte, ein Artefakt auf Korriban zu stehlen. Ihr könnt mich übrigens Vette nennen. Ihr müsst mich auch nicht so formell anreden, sonst fühle ich mich noch so alt wie Lord Maske dort drüben“, wies Vette in Richtung Nebenraum.
Dem Agenten fiel die Kinnlade herunter. Was in aller Welt machte eine Piratin und Grabräuberin hier, im Innersten des Sith-Heiligtums? Und dann diese frechen, fast schon respektlosen Bemerkungen, in potentieller Hörweite eines Sith-Lords...
Kaliyo kam indes nicht mehr aus dem Grinsen heraus: „Das nenne ich mal mutig, Vette! Hattest du etwa vor, den Sith hier auch etwas vor der Nase wegzustehlen?“
Machst du Witze? Dann würde ich jetzt wohl kaum mit euch reden.“
Aber was tust du dann hier?“, wollte Aslan wissen.
Nun ja … nachdem man mich auf Korriban gefangen nahm, wurde ich einem Sith-Schüler unterstellt. Seitdem trage ich dieses Schockhalsband.“
Aslan hatte Mitleid mit ihr. „Wie furchtbar! Bist du etwa sein Sklave?“
Ich bin kein Sklave, jedenfalls nicht mehr. Wisst ihr, als Kind war ich mal einer, aber das ist zum Glück vorbei.“, erzählte Vette, bevor sie nach kurzer Pause mit ernsthafter Miene hinzufügte: „Lieber würde ich sterben, als mich noch einmal versklaven zu lassen.“
Das ist die richtige Einstellung!“, pflichtete Kaliyo bei, und relativierte wieder. „Also ... nicht, dass du sterben solltest ...“
Schon klar. So hätte ich das auch nicht verstanden. Wer seid denn ihr beide eigentlich?“
Kaliyo Djannis. Freiberufliche Vollstreckerin, Attentäterin, und was eben sonst noch so gebraucht wird und aufregend ist.“
Mein Name ist Aslan Zala Taranus, Agent des imperialen Geheimdienstes. Freut mich, dich kennenzulernen, Vette.“
Ghettz kam wieder aus dem Nebenraum und trat an Aslan heran: „Lord Baras ist gleich bereit, Euch zu empfangen. Folgt mir bitte hinüber und wartet, bis er Euch anspricht.“
Kaliyo schlenderte lässig hinterher. Im Nebenraum war das Gespräch noch im Gange. Ein stämmiger, autoritär wirkender Mann, der eine graue Rüstung mit silbernen und tiefroten Verzierungen trug, und der sein Gesicht mit einer silbernen Maske verbarg, gab seinem Gegenüber Anweisungen. Letzterer war ein wenig kleiner und hatte katzenartige Gesichtszüge. Sein weißes Grundfell war von einem schwarzen, tigerartigen Muster durchzogen und seine schulterlangen, schwarzen Haare glichen einer nach hinten gekämmten Löwenmähne. Er trug eine weinrote Robe mit Kapuze.
Aslan überlegte kurz. Seine Mutter hatte ihm von den verschiedenen Spezies erzählt, denen sie während ihrer Diplomatentätigkeit begegnete. Dabei erwähnte sie auch die Cathar, die vor einigen hundert Jahren bei einem Angriff der Mandalorianer fast ausgerottet wurden. Die Überlebenden siedelten sich zumeist auf republikanischem Boden neu an. Was diesen Cathar wohl in die Arme des Imperiums getrieben hatte?
Der maskierte Mann bemerkte den Agenten und seine Begleiterin. Er beendete das Gespräch mit seinem grimmig dreinblickenden Gegenüber, welcher die Neuankömmlinge kritisch musterte. Aslan lief ein kalter Schauer über den Rücken, als die eisblauen Augen des Cathar ihn förmlich durchstachen. Er spürte Wildheit, Entschlossenheit und Kampfeslust, zurückgehalten hinter ein Fassade aus Beherrschung und Disziplin. Diese Augen schienen jedoch eine gewisse Einsamkeit zu verstecken ... und offenbar auch Trauer. Was mag diesem jungen Krieger widerfahren sein? Aslan war gepackt von Neugierde und Faszination, zugleich mahnte ihn seine innere Stimme zur Zurückhaltung.
Sunder Ghettz hatte ebendies längst verinnerlicht, als er betont vorsichtig und fast übertrieben respektvoll den angeforderten Agenten und seine Begleitung ankündigte. „Eure Lordschaft, ich bitte euch untertänigst, die Störung zu entschuldigen. Der Agent und seine Begleiterin sind soeben eingetroffen.“
Gut. Zieh dich jetzt zurück“, befahl der Sith-Lord, und fügte hinzu: „Nimm die Rattataki mit, sie soll draußen warten.“
Wie Ihr befehlt, Meister!“
Kaliyo überlegte, ob sie protestieren soll, beließ es aber bei einem schnippischen „Hmpf!“
Da seid Ihr ja endlich, Agent. Was hat Euch so lange aufgehalten?“
Kerzengerade und voller Anspannung stand Aslan vor Lord Baras. Die Worte des Aufsehers noch im Ohr, Wollte er jetzt nur nichts Falsches sagen.
Bitte verzeiht die Verzögerung, mein Lord. Der Transportdienst fiel aus, also mussten wir improvisieren. Wir...“
Mir wurde davon berichtet. Angeblich sollen abtrünnige Sith dafür verantwortlich sein. Des Weiteren sollen sie auch ihre Finger bei einem Sklavenaufstand im Spiel haben. Aus diesem Grund habe ich Euch herbestellt.“
Mit einer schwenkenden Geste ließ Baras eine dreidimensionale Holo-Projektion von Dromund Kaas erscheinen und wies auf die große Stadt inmitten des Dschungels.
Dies ist Dromund Kaas. Südöstlich von hier gibt es den unvollendeten Koloss – eine riesige Statue zu Ehren dieses Emporkömmlings, Darth Vovrawn, die gerade von Sklaven errichtet wird. Nachdem die Sklaven sich gegen ihre Herren erhoben, fanden sie Unterstützung von Sith unbekannter Herkunft. Die Aufständischen haben sich auf einem Plateau verschanzt und kontrollieren die einzige Brücke, die über das Tal hinüberführt. Unsere Truppen befinden sich auf der anderen Seite in Stellung und sind bereit für einen Angriff.“
Baras' Stimme wurde ernster.
Doch bevor das geschieht, müssen wir sicherstellen, dass sensible Informationen extrahiert werden. Was ich Euch jetzt sage, ist allein für Eure Ohren bestimmt. Wagt es nicht, irgendjemandem davon zu berichten, auch nicht dem Geheimdienst! Ist das klar?“
Aslan schluckte. „J-jawohl, mein Lord!“
Gut. Sollte es dennoch jemand erfahren, wird mein Schüler hier dafür sorgen, dass alle Mitwissenden zum Schweigen gebracht werden. Er hört auf den Namen 'Rageous'.“
Der Agent schaute kurz zum Cathar herüber, der ihn kritisch musterte.
Baras fuhr fort: „Ich habe den Aufstand initiiert, um dem Ansehen meines Rivalen Vovrawn zu schaden. Ermutigt von den Sith drohen diese elenden Sklaven damit, meine Rolle bei diesem Aufstand zu enthüllen. Wenn dies herauskäme, hätte das unangenehme Folgen für mich. Ich kann daher nicht riskieren, dass diese Informationen bei einem Angriff auf ihr Lager in die falschen Hände geraten. Ihr werdet Euch mit Eurer kleinen Gruppe unbemerkt in das Lager schleichen und sämtliche Beweise meiner Involviertheit vernichten.“
Verstanden, mein Lord.“
Und noch etwas: Findet heraus, wer diese dreisten Sith sind und was sie im Schilde führen. Mein Schüler und seine Untergebene werden Euch begleiten. Ihr könnt wegtreten.“
Jawohl.“
Beim Hinausgehen warf Aslan einen flüchtigen Blick auf Rageous, dessen Gesichtsausdruck noch immer grimmig wie der eines Vorn-Tigers war. Es hatte fast den Anschein, als ob der Cathar mit diesen wilden Bestien verwandt war. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, forderte Rageous Vette auf, ihm zu folgen. Seine Stimme war strikt und ein wenig finster, jedoch ohne Groll. Vette ließ sich jedenfalls nicht aus ihrer positiven Stimmung bringen: „Bin schon unterwegs, Eure Grummeligkeit.“
Der Agent verkniff sich ein Schmunzeln und pflichtete Kaliyo bei, die den Unterschied zwischen den beiden kommentierte: „Wer ist denn der Sonnenschein? Tja, Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an.“
Damit kennen wir beide uns ja bestens aus.“

Comments

Popular Posts